Der 1. Weltkrieg 1914 – 1918

Der 1. Weltkrieg von 1914 – 1918 

 

Der Chronist Lehrer Gottschalk führte aus, dass wir gewappnet zu Lande und zu Wasser einer Welt von Feinden gegenüber ständen. Dass es zu einem Weltkrieg kommen musste, wisse jeder.  Doch wie schrecklich er werden solle, sollte erst die Zeit lehren. Der Mord an den Österreichischen Tronfolger in Sarajewo am 28. 6.1914

brachte das Pulverfass zur Explosion. Da begann der 1. Weltkrieg. Der Chronist, Lehrer Gottschalk berichtet, dass er als derzeitiger Räbersche Lehrer am 1. Mobilmachungstage aus dem Trubel Hannovers während der Ferien in seine liebe Heide zurückkehrte, um auch in diesen schweren Tagen bei seinen lieben Räberanern zu sein. An Pohlmanns Hoftür hing der Mobilmachungsbefehl und der neue Fahrplan der Militärbehörde. Dumpf und bange sei die Stimmung im Dorfe gewesen. Doch unter den Menschen sei keine Furcht  gewesen. Es müsse sein, wir könnten uns solche Gemeinheit nicht gefallen lassen. Die ersten Soldaten werden in den Krieg verabschiedet. Fast aus jeder Familie wurde der Mann oder ein Sohn eingezogen. Lehrer Gottschalk selbst wurde am 5.10.1914 bis zum 15. 2.1918 zum Heeresdienst eingezogen, nachdem er eine umfassende Spendenorganisation arrangiert hatte.

Am 2. Mobilmachungstage fand in Uelzen ein Pferde- und Wagenankauf für die Militärbehörde statt. Aus Räber lieferten Hofbesitzer w. Techmann und Müller (Brüggemann) je ein Pferd, Hofbesitzer Depner lieferte einen Wagen. Pferde und Wagen wurden gut bezahlt. So bekam Depner für seinen Lastwagen 534 M, Hofbesitzer Kuhlmann bekam am 1. September für 2 Pferde je 1.400 M. Solche Preise hat man hier noch nichtgekannt. Und doch ist es nicht leicht für unsere Bauern, ihre treuen Pferde abzugeben. Ohne Murren gab er sie dahin.

 

 

Nach Beginn des 1. Weltkrieges am 1. 8.1914 werden die per Telegramm einge-

gangenen ersten Siegesmeldungen beim Gastwirt Dehning im elektrischen Licht ausgehängt.

Im Oktober 1914 kommen die ersten Kriegsgefangenen nach Räber. Es erhalten

Hofbesitzer Kuhlmann 2 Russen, Hofbesitzer Depner 1 Russen, Kaufmann Müller 1 Russe, Anbauer und Imker Heinrich Meyer 1 Russen, Gastwirt Dehning 1 Belgier, Anbauer Wilhelm Kuhlmann 1 Russen und Hofbesitzer Thiele 1 Russen und 1 Belgier. Diese Gefangenen sind gute, landwirtschaftlichen Verhältnissen kundige Arbeiter, die unentbehrliche Arbeitskräfte für unsere Gemeinde sind. Umgekehrt werden 3 Erwachsene Flüchtlinge aus Ostpreußen in Räber aufgenommen. Letztendlich werden es schließlich 11 Flüchtlinge, die wie folgt unter-

gebracht werden: Techmann 3, Thiele 5, Köhnecke 3. Diese Flüchtlinge erhielten

freie Wohnungen sowie Feuerholz, Kartoffeln und Milch von der Gemeinde. Der Staat zahlte dazu 1,– Mark pro Person und Tag.

Am 1. 4.1915 haben die letzten Flüchtlinge Räber wieder verlassen und sind in ihre Heimat zurückgekehrt.

Während des Krieges bestand eine Furcht, weil Spione befürchtet wurden. Mit Kfz. sollten angeblich Goldtransporte transit durch Deutschland geführt werden. Daher wurden zur Sicherheit Tag und Nacht Posten gestellt. Man löste sich gegenseitig ab und zwar von 6 Uhr bis 13.oo Uhr mittags, von dann bis 20Uhr abends bis 2 Uhr

nachts und von dann wieder bis morgens um 6 Uhr. Auch der derzeitige Lehrer von Räber hat den Wachdienst in einer Nacht und einem Nachmittag übernommen. Besonders verdient der Invalide Tischler Müller, Hauswirt Nr. 21, der vor Jahren im Bahndienst einen Arm und ein Bein verloren hatte, genannt zu werden. Er hat fast

jeden Nachmittag, wenn andere Männer bei der Arbeit beschäftigt waren,  Posten gestanden. Für ihn, der früher Soldat war, eine Ehrenpflicht, ein treuer Dienst dem Vaterlande.

Vom Lehrer Gottschalk wurde in den ersten Wochen  eine Sammlung für das Rote Kreuz veranstaltet, die ein schönes Ergebnis hatte. Ein Teil des Geldes wurde Herrn Krege, Suderburg für diesen Zweck zur Verfügung gestellt, für das übrige Geld wurde Strumpfgarn gekauft, von dem die jungen Mädchen in der Schule gemeinsam Strümpfe für unsere Soldaten strickten. Auch eine Sammlung von Lebensmitteln für das Lazarett Uelzen brachte eine Unmenge Eier, Speck, Schinken, Wurst, Butter, Brombeeren, Bickbeeren und Pilze zusammen.

Da Lehrer Gottschalk vom 5.10.1914 bis 25. 9.1916 Soldat war, sind seine Aufzeichnungen nachträglich mit Hilfe des Gemeindevorstehers Döhrmann gefertigt.

Die Verhältnisse des Krieges und die daraus entstandenen behördlich oder militärisch erfolgten Maßnahmen übten auch auf Räber  hinsichtlich des Familien- und Gemeindelebens einen tiefgehenden Einfluss aus. Fast aus jeder Familie sind der Mann oder die Söhne eingezogen.

Am 1. 5.1916 ist die Sommerzeit eingeführt. Dadurch wurden am genannten Tage sämtliche Uhren um eine Stunde vorgestellt. Dadurch sollte eine Lichtersprarnis erreicht werden, da die Arbeit eine Stunde früher beginnt und früher aufhört. Unsere Landbewohner, denen ja ein konservatives Wesen am Festhalten des Alten eigen ist, können sich nur schwer mit dieser Neuerung abfinden. Die neue Zeit passt auf Wenige gut für die Erntearbeiten, da die Dienstboten zu früh aufstehen wollen und zum andern bietet der lange Abend den jungen Leuten Gelegenheit, sich lange auf der Straße herum zu treiben, letzteres sei bedauerlich und dagegen  wird von der Polizei nicht mit der notwenigen Energie genügend vorgegangen, um einzelne Flegel von der Straße zu bringen. Andere Dorfbewohner gewöhnen sich allmählich an diese Zeit, da ja viele Verhältnisse in das Leben der Leute eingreifen. Diejenigen Arbeitsleute, die selbständige Haushalte haben, können da schon, wenn Feierabend ist, manche gute und nützliche Arbeit für sich verrichten. Darum bringt die neue Zeit bessere Arbeitszeit und Arbeitserleichterung.

 

Zur Missernte 1916 wird vom Räberaner Lehrer berichtet, dass das gleiche Stück Land, auf dem er im vergangenen Jahr 15 Zentner Kartoffeln einbringen konnte, in

diesem Jahr nur 5 Zentner gebracht hat.

Aber umgekehrt brachte 1916 eine reiche Pilzernte.

 

Gleich von Beginn der ersten Kriegsmonate an, wurden die Lebensmittel bewirtschaftet.

In Räber gab es 18 Versorgungsberechtigte, die ihr Brot gegen Eintausch von Brotmarken kaufen und ca. 20 Versorgungsberechtigte, die pro Monat 18 Pfund Korn zugeteilt bekamen und so gegen Vorzeigung einer Mahlkarte der Mühle zum Verarbeiten übergeben konnten.

Ausführlich berichtet der Chronist auch über das „Schwarzschlachten.

Neben Lebensmitteln musste auch Tierfutter , so von der Gemeinde 45 Zentner Heu, der Zentner zu 6 Mark, abgegeben werden. Von der Reichsgetreidegesellschaft sind

der Gemeinde bis Mai 1916 ca. 30 Zentner Kleie, Zentner für 8,50 Mark, einige Zentner Futterzucker und Trockenschnitzel zu Futterzwecken überwiesen worden.

Für die Beleuchtung sind im Winter 1915/16 nur ca. 100 Pfund Petroleum der Gemeinde zugeteilt worden.

Der Gemeindevorsteher, seinerzeit Herr Döhrmann, hatte die Aufgabe, alles Gelieferte auseinander zu teilen.

Anfangs Mai 1916 mussten aus dem Dorfe 2 Kühe ( von Hofbesitzern Thiele und Techmann) und 3 Schweine (von Müller-Brüggemann, Müller Heiken und Köhnecke)  abgeliefert werden. Das Vieh war für die Truppen im Westen bestimmt.

Bereits durch Kriegsabgaben geschwächt, kam in Räber 1916 noch eine völlige Missernte der Steckrüben hinzu. Als im Februar 1917 in Räber 2950 Zentner abgegeben werden sollten, konnten nur 80 Zentner aufgebracht werden.

In dem strengen Winter 1917 (bis Minus 30°)  bekam die Gemeinde Räber nur 9 Liter Petroleum, worin sich 33 Familien zu teilen hatten.

Am 15. 2.1917 fand in Räber eine Kornzählung mit folgendem Ergebnis statt:

Roggen                        231,59  Zentner

Weizen                          3,–     

Mehl                            23,12   

Gerste                           6,43   

Hafer                           290,44 

Erbsen                           1,50   

Die Zahl der in selbst Versorgungshaushalte vorhandenen Personen:  187

Am 1. 3.1917 fand eine allgemeine Kartoffel- und Viehbestandsaufnahme statt:

 

Kartoffeln:  Gesamtanbau 1916 =  47 ¾ ha = 191 Morgen

                  Gesamtvorrat  2.447, 50 Zentner

                  Saatgut           1.988,–    Zentner

Viehbestand:

Pferde                         24

Rindvieh                       129

Schafe                           9

Schweine                      173

Ziegen                         77

Federvieh                      726

Kaninchen                       20

 

 

1917 hat die Gemeinde 55 Zentner Kartoffeln geliefert.

Der Chronist hielt für 1917 fest, dass die Pilz- und Bickbeerernte unseren Leuten wieder gute Einnahmen gebracht hat. Selten gute Erträge brachten uns Äpfel, Birnen und Pflaumen. Bei den außerordentlich hohen Obstpreisen sind von einzelnen  Besitzern ungeheure Einnahmen erzielt worden. Ein rechtes Bild wird man sich von der guten Obsternte machen, wenn berichtet wird, dass die Gemeinde für Obst an den Gemeindewegen 400 Mark eingenommen hat.

Aufgrund einer Bundes-VO findet all 3 Monate eine Viehzählung mit folgendem Ergebnis statt:

Viehart    1.6.17  1.9.17  1.3.18  1 6 18  1.9.18  4.12.18  1.3.19  2.6.19  1.12.19  1.3.20  1.6.20  1.9.20

Pferde      24       20        21       21         25       25           25        25        24          25        24        25

Rindvieh   128     121     113      97         92       89           84        83        89          97        104      104

Schafe      11       12       13        13         13       13           13        10        14          13         26       28

Schweine  179     229     95        132      137     149         127      148      167        175       214      260

Ziegen       84       81      79         78        71       73           70         67        58          65        69         61

Federvieh  533    513     417      541      466     385         357       342     365         398      422      

Kaninchen   34     43       18        26         35      20           11         16       21                                 26

 

Im März 1917 war in Räber die Bespannungsabteilung (ein Teil) der Minenwerferkompanie 486 einquartiert. Die Exerzierübungen fanden im Techmannschen Holze und bei schlechtem Wetter auf der Kuhlmannschen Scheune (Haus-Nr. 1) statt.

Ende des Wirtschaftsjahres 1917/18 forderte die Behörde von der Gemeinde eine Heulieferung von 370 Zentner, die nicht geliefert werden konnten.

Der Saatenstand 1918 war ein ausgezeichneter. Es war eine Lust, durch die Felder zu gehen. Die lang anhaltende Dürre drohte alle Hofnungen zu zerstören. Doch der „treue Gott“ sandte Regen zur rechten Zeit, so dass wir eine gute Hafer- und Roggenernte hatten.